Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gilt auch bei Auslandsaufenthalt

 
Eine in Deutschland getroffene Feststellung von Arbeitsunfähigkeit als Grundlage für den Erhalt von Krankengeld verliert grundsätzlich ihre Wirkung nicht dadurch, dass sich der Versicherte danach überwiegend im EU-Ausland aufhält. Dies hat der 5. Senat des Landessozialgerichts in einem am 25.08.2017 veröffentlichten Urteil entschieden.
 
Die 1970 geborene, bei der beklagten deutschen Krankenkasse krankenversicherte Klägerin war als Busfahrerin beschäftigt. Sie wohnte als Grenzgängerin in Spanien und arbeitete in Deutschland. Die Beklagte zahlte ihr nach Ablauf der Entgeltfortzahlung für die Zeit ab dem 04.06.2011 Krankengeld zunächst bis zum 26.10.2011. Am 26.10.2011 bestätigte der behandelnde Arzt fortlaufende Arbeitsunfähigkeit bis auf weiteres. Mit Bescheid vom 24.11.2011 lehnte die Beklagte das Krankengeld ab diesem Tag ab, da die Klägerin der in ihrem Schreiben geäußerten Bitte, sich bis zum 23.11.2011 bei ihr telefonisch zu melden, nicht nachgekommen sei.
 
Mit Bescheid vom gleichen Tag teilte sie der Klägerin mit: „Sie informierten uns, dass Sie nach Spanien umgezogen sind. Ein Anspruch auf Krankengeld besteht in diesem Fall nicht mehr, da Sie nach § 16 SGB V nur Anspruch auf Leistungen haben, solange Sie sich in Deutschland aufhalten.“ Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos. Abgesehen von dem Wohnsitz in Spanien fehle es auch an einer lückenlosen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit. Mit ihrer Klage vor dem Sozialgericht Trier hatte die Klägerin ebenfalls keinen Erfolg. Sie habe ab dem 24.11.2011 keinen Anspruch auf Krankengeld. Es könne offenbleiben, ob sie arbeitsunfähig krank gewesen sei.
 
Denn ein etwaiger Anspruch sei gemäß § 16 SGB V zum Ruhen gekommen. Dem ist das Landessozialgericht nicht gefolgt. Die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin im streitbefangenen Zeitraum sei lückenlos ärztlich festgestellt, denn hierfür genüge eine entsprechende Feststellung „bis auf weiteres“. Diese Feststellung gelte auch bei einem Auslandsaufenthalt weiter. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei ein Anspruch der Klägerin nicht nach § 16 SGB V ausgeschlossen.
 
Die EU-rechtlichen Bestimmungen gingen dieser Norm vor. Nach Art. 21 Abs. 1 VO (EG) 883/04 habe ein Versicherter, der in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat wohne oder sich dort aufhalte, Anspruch auf Geldleistungen, die vom zuständigen Träger (hier: die beklagte Krankenkasse) nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften gewährt werden. Nach Art. 21 Abs. 1 VO (EG) 883/04 sei der Versicherte, obwohl er in einem anderen Staat wohne (hier: Spanien) zudem so zu stellen, als ob er im zuständigen Staat (hier: Deutschland) wohnen würde. Bei Wohnort (und Aufenthaltsort) in Deutschland wäre jedoch § 16 SGB V gerade nicht anwendbar.
 
Pressemitteilung vom 25.08.2017 – LSG Rheinland-Pfalz
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