Die Selbstanzeige im Steuerrecht

Von der Wirksamkeit bis hin zur Abschaffung

Namen wie Uli Hoeneß und Alice Schwarzer haben sie in den letzten Tagen in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Nichts wird aktuell so heiß diskutiert, wie die Selbstanzeige im Steuerrecht. „Sie muss weg“, fordern die einen – „sie ist sinnvoll“, sagen die anderen. Nicht nur Prominente haben ihr Vermögen ins Ausland gebracht und damit am deutschen Fiskus vorbeigeschmuggelt. Die Selbstanzeige ist eine der wenigen Möglichkeiten, das aufzudecken. Doch was steckt dahinter? Welche Vorteile haben die Selbstanzeiger? Und was passiert, wenn die Anzeige schief geht?

Die Rechtslage: So ist die Selbstanzeige gesetzlich geregelt

Die Selbstanzeige ist im Paragraf 371 der Abgabenordnung (AO) verankert. Hier wird Straffreiheit garantiert, wenn gegenüber dem Fiskus falsche Angaben berichtigt werden, unvollständige Informationen ergänzt oder bisher nicht gemeldete Angaben nachgereicht werden. Die Selbstanzeige befreit von den rechtlichen Folgen der Steuerhinterziehung: Nach Paragraf 370 der AO kann Justitia diese mit einer Geldstraße oder einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren ahnden. Doch die Selbstanzeige ist an zahlreiche Bedingungen geknüpft. Eine der wichtigsten Voraussetzung ist die Unentdecktheit. Wissen die Behörden bereits Bescheid, ist eine Selbstanzeige nicht mehr möglich. Das betrifft bereits erfolgte Prüfungsanordnung, Einleitung von Ermittlungsverfahren, der Steuerprüfer klingelte bereits an der Tür oder die Entdeckung der Straftat selbst. Aktuell ist noch umstritten, ob der Name auf einer Steuersünder-CD als Entdeckung gilt. Hier entscheiden die örtlichen Behörden nach eigenem Ermessen. Unwirksam ist auch eine Strafanzeige, wenn sie einen Hinterziehungsbetrag von 50.000 Euro übersteigt. Für die Wirksamkeit sind ebenso vollständige Angaben notwendig und die Frist nach § 153 AO muss eingehalten werden – die gesetzlichen Festsetzungsfrist. In Deutschland liegt die Frist für Verbrauchssteuern (darunter die Umsatzsteuer) bei einem Jahr, für alle anderen Steuer vier Jahre. Die Verjährung von einfachen Steuerstraftaten tritt nach fünf Jahren ein, für schwere Vergehen gilt eine Frist von zehn Jahren. Eine weitere Bedingung ist die Rückzahlung der hinterzogenen Steuern. Nur wer zurückzahlt, wird straffrei bleiben. Die meisten Betroffen zahlen sogar ein wenig mehr, um die Wirksamkeit zu gewährleisten.

Die Folgen der Selbstanzeige: Straffreiheit oder doch Gefängnis

Ist die Anzeige beim Finanzamt eingetroffen, eröffnet die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren. Hier prüft die Behörde, ob die Selbstanzeige wirksam ist. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, wird das Verfahren eingestellt und die Straffreiheit ist gewährleistet. Sind nicht alle Voraussetzungen erfüllt, kommt es meist zum Prozess. Dann muss der Steuersünder mit Strafen rechnen, die im Gesetz verankert sind. Die Strafe ist von der Höhe der hinterzogenen Steuern abhängig – bis zu 50.000 Euro kann mit einer Geldstrafe gerechnet werden. Danach wird meist eine Freiheitsstrafe verhängt – Bewährung möglich. Wer mehr als eine Million Euro hinterzogen hat, kann mit großer Wahrscheinlichkeit dafür hinter Gitter.

Die Zahlen steigen: warum sich so viele Sünder selbst anzeigen

Da eine Selbstanzeige nur möglich ist, wenn die Behörden den Betrug noch nicht entdeckt haben, fragt sich so mancher, warum Steuersünder sich selber anzeigen. Ein Grund für die gehäuften Anzeigen in der Vergangenheit mag das Umdenken im ehemaligen Steuerparadies Schweiz sein. Was vor fünf Jahren noch vehement verteidigt wurde, wackelt nun: das Bankengeheimnis. Inzwischen wollen die Bankhäuser im Nachbarland die Steuersünder loswerden und setzt sie stark unter Druck. Wer sich nicht selbst anzeigt, fliegt raus. Das Umdenken begann, als es Nachzahlungen hagelte: das Bankhaus Wegelin stellte beispielsweise seine Geschäfte ein, nachdem 74 Millionen US-Dollar in die USA zahlen mussten. Der Druck scheint zu fruchten: Nach einer Umfrage des Handesblattes haben sich im vergangenen Jahr mehr als doppelt so viele Steuerhinterzieher selbst angezeigt, als 2012. Die Meldungen über die Selbstanzeigen von Prominenten haben ebenfalls eine regelrechte Welle ausgelöst.

Aktuelle Diskussion: Straffreiheit abschaffen oder belassen?

Trotz der zahlreichen Selbstanzeigen und des damit unverhofften Geldsegens für die Behörden, ist die Selbstanzeige aktuell sehr umstritten. Auslöser der Diskussion ist die Amtsaufgabe des Berliner Kulturstaatssekretärs Andre Schmitz aufgrund eines Steuervergehens. Forderungen werden laut, die Straffreiheit abzuschaffen. Alle voran fordern die Brandenburger SPD sowie Politiker der Linkspartei die „strafbefreiende Selbstanzeige bis zu einer Bagatellgrenze“ abzuschaffen. Der ehrliche Mann solle nicht der Dumme sein. Die Bagatellgrenze sei jedoch notwendig, um mittelständige Betriebe zu schützen. Auch fordern Politiker eine Verlängerung der Verjährungsfrist. Die CDU hingegen will an dem Instrument festhalten. Die aktuelle Zahl der Selbstanzeigen zeige deutlich ihre Wirksamkeit. Wie die Diskussion ausgeht, bleibt abzuwarten.

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