Zahlungen aufgrund eines vor Eintritt des Erbfalls erklärten Erb- und/oder Pflichtteilsverzichts sind nicht einkommensteuerbar

Ein Vater übertrug seinem Sohn im Wege der vorweggenommenen Erbfolge durch notariell beurkundeten Übergabevertrag ein Grundstück und einen Betrieb. Der Vater (Goldbach) behielt sich ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht auf dem Grundstück (Niedernberg) vor. Außerdem zahlte der Sohn dem Vater lebenslang eine Rente von rd. 3.000 € jährlich. Auch an die Schwester (Hösbach) zahlte der Sohn eine monatliche Rente. Die Rente an die Schwester diente zur zusätzlichen Sicherung ihrer Altersversorgung und zum persönlichen Unterhalt.
Die Höhe der Rente berechnete sich aus der statistisch zu erwartenden Lebensdauer der Tochter nach der allgemeinen Sterbetafel und aus einem Basisbetrag von rd. 400.000 € abzüglich etwaiger Grundpfandrechte. Eine Verzinsung war nicht einzurechnen. Es war keine Wertsicherung vereinbart und nicht auf § 323 ZPO Bezug genommen.
Der Sohn machte die Rentenzahlungen als dauernde Last geltend. Deshalb besteuerte das Finanzamt die Zahlungen bei der Tochter voll.
Das Gericht gab der Tochter mit ihrer Ansicht, die Rente sei nicht steuerbar, Recht. Der vor Eintritt des Erbfalls erklärte Erb- oder Pflichtteilsverzicht ist ein unentgeltlicher Vertrag, mit dem die Vermögensnachfolge geregelt werden soll. Er unterliegt nicht der Einkommensteuer.
Anders wäre es, wenn der Erbfall bereits eingetreten ist und die Tochter als Pflichtteilsberechtigte von ihrem Bruder unter Anrechnung auf ihren Pflichtteil wiederkehrende Leistungen erhalten hätte. Die Höhe der Rente orientierte sich aber an dem im Vertrag genannten Basisbetrag von rd. 400.000 €, der dem Erbteil der Tochter entsprechen sollte, sowie an der statistischen Lebenserwartung. Wenn die Rente so ermittelt wurde, dass der Basisbetrag von rd. 400.000 € durch die statistische Lebenserwartung der Tochter dividiert und der sich daraus ergebende Jahresbetrag durch zwölf geteilt wird, kann diese Rente keinen Zinsanteil enthalten. Hätte die Tochter nämlich den Basisbetrag von rd. 400.000 € nach dem Tode ihres Vaters sofort als Einmalbetrag erhalten und diesen zinsbringend angelegt, hätte sich diese Summe durch Zins und Zinseszins – gerechnet auf die statistische Lebenserwartung – gegenüber dem Ausgangswert erheblich erhöht. Monatliche Zahlungen, die dem Rechnung tragen, hätten daher deutlich höher ausfallen müssen.

(Quelle: Urteil des Bundesfinanzhofs)

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